Acht Minuten Megapower Lucia Lacarra und Marlon Dino tanzten erstmals seit Verlassen des Bayerischen Staatsballetts in München – ebenfalls erstmals zeigten sie dort ihren famosen „Light Rain“

Lucia Lacarra und Marlon Dino sind legendär in Light Rain

Die Bielmann-Pirouette ist nichts dagegen: Lucia Lacarra und Marlon Dino in „Light Rain“ von Gerald Arpino. Foto: Press Photo

Ein alles durchdringender Rhythmus, ein entsprechendes melodiöses Leitmotiv – und unendlich viel Erotik auf den schönsten Ballettbeinen, die es je gab: Lucia Lacarra in den Händen von Marlon Dino ist wandelnde Musik, und kaum ein Tanz zeigt das besser als „Light Rain“ von Gerald Arpino. Arpino, Mitbegründer des Joffrey Ballet in Chicago, choreografierte das seltsame, atemberaubende, achtminütige Stück im Jahr 1981. Als er 2008 starb, gingen die Rechte daran auf einen Vertrauten von ihm über. Nur wenige Tänzer erhalten die Lizenz für „Light Rain“ – und nur wenige können es überhaupt adäquat tanzen. Auf der „Ballettgala mit internationalen Stars“ der Munich International Ballet School am 23. April 2017 im Münchner Gasteig zeigten Lucia Lacarra und Marlon Dino erneut auf einer Gala dieses Glanzstück aus ihrem Repertoire. Erstmals sah es somit endlich das Münchner Publikum, und auch das glamouröse Weltklassepaar tanzte somit erstmals wieder seit seinem Weggang vom Bayerischen Staatsballett vor seinem früheren Stammpublikum.

Viele Fans kommen nur wegen ihnen: Das Duo Lacarra-Dino, auch privat verpartnert, bietet eine einzigartige Performance. Bis ins letzte Detail stimmen hier die Handgriffe, Fußstreckungen, Hebungen, Ziehungen, Führungen. Was für eine Show!

Dabei kommen alle Bewegungen, alle Motivationen, von innen, von ganz innen. Lucia Lacarra und Marlon Dino sind Tänzer mit Geist und Herz, sie leben die Choreografien, die sie tanzen – und sie sind das personifizierte Gegenteil zu allen Tanzautomaten und Ballettrobotern, die heutzutage mancherorts Karriere machen.

Die Gala des Étoiles 2017 lockt nach Luxemburg

Die Gala des Étoiles lockt nach Luxemburg: am 20. und 21. Mai 2017 findet hier das Spitzentreffen vieler verschiedener Ballettsuperstars statt. Mit „Light Rain“ und Lucia und Marlon. Nicht verpassen! Tickets gibt es hier: www.luxembourg-ticket.lu/fr/8/eid,10227/gala-des-%C9toiles-2017.html    Foto: Press Photo / Anzeige

Den meisten Zuschauern – auch denen, die „Light Rain“ bereits kennen – zieht es denn auch bildlich gesprochen die Schuhe aus, wenn die zierliche Lucia im Spitzentanz mit dem Becken kreist, als wäre sie eine altindische Kurtisane, während ihr Mann ihr so souverän zur Seite steht, als wäre er extra und nur für sie zum Ballerino ausgebildet und erzogen worden.

Wenn sie auf der Bühne stehen, gehören sie einander – so stark, dass man sie sich gar nicht mehr ohne einander vorstellen mag.

Was für eine ballettaffine Liebe!

Und steht Lucia auf den Fußspitzen und reicht Marlon die Hand, dann bilden beider Arme eine einzigartige, formschöne, gerade Linie.

Und wenn sie sich in seinen Armen rücklings in ein Cambré beugt, dann formt sich ihr graziler Rücken im Profil zu einem so hohen Bogen, dass man sie für ein Wesen mit einem bei Menschen nicht üblichen starken Rückgrat hält.

In dieser Pose stakst Lacarra sogar, von Dino unmerklich geführt, im Takt der altindisch inspirierten Musik ganz leise auf den Spitzenschuhenspitzen über die Bühne.

Lacarra und Marlon Dino sind legendär in Light Rain

Eine der faszinierenden Posen in „Light Rain“, die so leicht und edel entstehen, als sei es überhaupt nicht schwierig, so zu tanzen. Von wegen! Lucia Lacarra und Marlon Dino brillieren eben in diesem Stück! Foto: Press Photo

Das ist stets ein Höhepunkt ihres „Light Rain“!

Der „leichte Regen“ aus dem Titel ist denn auch ein warmer Sommerregen, eine Metapher für Erregung, Sexualität und Fruchtbarkeit.

Die zarte Schlangenfrau und der starke Baummensch – solchermaßen verzaubern Lucia und Marlon ihr Publikum, lassen es Raum und Zeit vergessen.

So zieht er sie im Spagat über die Bühne, als sei das ihre natürliche Fortbewegungsweise.

Und sie rankt sich um ihn – wie ein Efeu um einen Stamm. Fabelhaft!

Schließlich enden sie am Boden, auch hier in einer ekstatisch-akrobatischen, aber höchst grazilen Position – Liebesrausch total!

Das Publikum rast dann schon längst vor Begeisterung und bedauert es nur, dass die tolle Show – die trotz vieler choreografischer Raffinessen nicht oberflächlich ist – nach knapp acht Minuten Megapower vorbei ist.

Aber diese acht Minuten sind jede Anreise wert!

Zum Glück ist auch die nachhaltige Wirkung von „Light Rain“ enorm, so dass man, wenn man sensibel ist, noch Tage lang wie auf Wolken schwebt und immer wieder Schübe positiver Energie aus der Erinnerung bezieht.

Lacarra und Marlon Dino sind legendär in Light Rain

Lucia Lacarra und Marlon Dino gen Ende des Achtminüters „Light Rain“ – aber da kommt noch etwas ganz Extravagantes… Foto: Press Photo

Es folgt ein auf Englisch geführtes und absichtlich nicht übersetztes Interview mit den beiden Superstars Lucia Lacarra und Marlon Dino, die seit der laufenden Spielzeit 2017 / 2018 die ganze Welt des Balletts mehr denn je als ihre Heimat betrachten.

Ballett-Journal: Lucia and Marlon, now you have danced the first time in Munich again after having left Bayerisches Staatsballett. How was it for you to come back to your Bavarian audience?

Lucia Lacarra and Marlon Dino: It sounds maybe strange, but the feeling was as if we had never left! Being on stage was great, and we had an audience that we have had for fourteen years. We were happy to be back for this public, and obviously the spectators loved us back, too. There is so much love to give and to take in such a performance!

Ballett-Journal: You danced „Light Rain“ that is a sensational modern piece and you both are famous for doing it. Was it different to dance it this time?

Lucia Lacarra and Marlon Dino: It was the first time that we showed it in Munich. It is a piece between classical and modern dance, and the music includes a percussion sound that is very strong and very typical. We love it! People love it, too, and so they do in Munich.

Ballett-Journal: How are your days (and nights) since you left Bayerisches Staatsballett that was your artistic home for so many years?

Lucia Lacarra and Marlon Dino: It is fantastic! We travel a lot, more than ever, and work in different cities and countries. It is a challenge for us but we enjoy that we can make it. Indeed, this is amazing and exciting, and sometimes we travel in three days through three cities in three countries to work! That might be crazy, but it is exciting at the same time.

Polina Semionova auf der Pressekonferenz am 24.April 2017

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Ballett-Journal: Is it an advantage to have more time for the family life with your little daughter Laia?

Lucia Lacarra and Marlon Dino: Actually, we don’t have so much time to stay home. But Laia does not feel neglected. We have the feeling that she understands that it is important that we go away and come back home. Sometimes we take her with us – but mostly she is fine in Munich that is still our private home town.

Ballett-Journal: Do you want to say something about Igor Zelenksy who did not give you a good contract with Bayerisches Staatballett?

Lucia Lacarra and Marlon Dino: Mister Zelensky has to learn a lot about leading a European company!
Text und Interview: Gisela Sonnenburg

Am 6. Mai 2017, am 6. und 8. Juni 2017 tanzen Lacarra-Dino in „Faust II – Erlösung!“ von Xin Peng Wang beim Ballett Dortmund (www.ballett-journal.de/ballett-dortmund-faust-ii-xin-peng-wang-ua/)

www.mi-ballet-school.de

www.staatsballett.de

www.theaterdo.de

 

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